Motor springt nach langer Standzeit nicht mehr an Ibiza 6k 1.9l tdi Bj 98 mkb ahu

  • Hi zusammen,


    Ich habe einen Ibiza 6k 1.9l tdi Bj 98 mkb ahu erworben und er springt nicht an. Der Kerl, von dem ich ihn übernahm behauptete, dass er vor nem halben Jahr noch normal angesprungen sei und nach der langen Standzeit dann nicht mehr wollte.
    Folgende Eckdaten dazu:


    - Der Wagen orgelt sauber durch, Batterie ist einwandfrei.


    - Wenn ich den Temperatursensor des Kühlwassers angeschlossen habe, glüht der Wagen nur eine halbe Sekunde vor. Ziehe ich den Stecker ab, glüht er anständig lange vor. Bedeutet das, dass das der Sensor kaputt sein könnte?


    - Das Steuergerät lag komplett in Tannennadeln eingehüllt und beim Entfernen des Steckers sah ich, dass sämtliche Kontakte völlig verrostet waren. Da konnte also nichts mehr gehen. Habe mir ein Steuergerät von einem anderen AHU Motor besorgt, womit der Wagen zumindest kurz anspringen müsste, bis die Wegfahrsperre ihn nach 1-3 Sekunden wieder ausmacht. Sprang aber wieder nicht an.


    - Unter der Rücksitzbank erwartete ich die Kraftstoffpumpe. Diese machte nie einen Mucks und ich dachte, dass sie defekt sein müsse. Sie bekam nur 4,5V Strom. Selbst mit den 12V Strom, die ich ihr gab, machte sie keinen Mucks. Ein Kollege im Forum klärte mich auf, dass mein Model den Diesel über die Dieseleinspritzpumpe ansaugt und keine Förderpumpe unter der Rücksitzbank hat. Damit habe ich vermutlich den Tankgeber-Sensor mit meinen 12V umgebracht. Richtig? Kann mir mal jemand dieses Bauteil erklären?


    - Die GlühKerzen wurden kürzlich gewechselt, sehen noch gut aus und kriegen Strom. Außerdem sollte der Wagen bei den Temperaturen trotzdem anspringen, oder?


    - Dieselfilter könnte dicht sein, den habe ich bereits neu hier liegen und habe ihn noch nicht gewechselt, weil ich Bedenken habe, dass ich danach nicht mehr differenzieren kann, ob die Karre nur nicht anspringt, weil Luft im System ist oder noch ein anderer Defekt vorliegt.


    Welche Möglichkeiten seht ihr noch?


    Ich freue mich auf eure Hilfe. :)

  • Moin,


    also, die Technik die da in dem 6K steckt ist ein bisschen älter als die Common-Rails in den 6J von denen du hier gelesen hast.
    Das gute Stück hat noch eine Verteilereinspritzpumpe (VEP) und die Einspritzventile funktionieren vollständig mechanisch.
    Einfach gesagt: In der Pumpe ist ein Nocken der Druck auf einen Kolben ausübt und damit Druck auf das jeweilige Einspritzventil ausübt.
    Das ist quasi von einer Feder verschlossen und sobald der Druck hoch genug ist wird die Feder überwunden und das Ventil aufgestoßen.
    Auf diese Weise hat immer nur das Einspritzventil Druck, dass auch gerade dran ist mit einspritzen.
    Da reden wir dann von Einspritzdrücken von 1600-1900bar.


    Das hat lange Jahre gut funktioniert, aber neue Abgasnormen erfordern eben auch neue Technik, also ist man auf Common-Rail-Technologie umgestiegen:
    Eine Hochdruckpumpe fördert den Kraftstoff in ein Rohr von dem alle Zuleitungen zu den Einspritzventilen abgehen. D.h. jedes Einspritzventil hat immer vollen Druck und wird dann elektrisch angetaktet.
    So sind dann so Dinge wie mehrfaches Einspritzen möglich, was bei DPF-Regeneration und für bessere Abgaswerte nötig ist.


    Da die VEP rein mechanisch ist muss diese "umständlich" Mechanisch eingestellt werden, so dass der Einspritzzeitpunkt passt, das kann z.B. nach einem Zahnriemenwechsel oder nach unsachgemäßen Reparaturen nötig sein.
    Zudem haben die VEP, im Gegensatz zur Hochdruckpumpe, bauartbedingt eine "Saugseite" und ziehen sich den Diesel selbst aus dem Tank.
    Darum hat dein 6K keine Kraftstoffpumpe, sondern du dürftest nur ein paar dünne Leitungen zum Tankgeber haben.
    In-Tank-Kraftstoffpumpen haben in der Regel noch mal 2 deutlich dickere Zuleitungen für die Pumpe selbst.


    Der Tanksensor wird über einen sogenannten Spannungsteiler ausgelesen:


    Das Steuergerät (in dem Fall das Kombiinstrument) gibt 5V aus und hat einen eingebauten Widerstand (R1) und eine Leitung zu einer Auswerteinheit (U_Aus), der Wert von R1 ist bekannt, der Widerstand R2 durch einen Schwimmer im Tank "bedient" und ist ein Potentiometer.
    Physik, Reihenschaltung von Widerständen und so... Zwischen U_Ein und GND fallen 5V ab, wenn der Widerstand R2 groß ist muss bei R1 nur wenig Spannung abfallen, ist der Widerstand R2 klein muss bei R1 viel Spannung abfallen - so bestimmt das Steuergerät den Sensorwert.


    Wenn du Glück hast, hast du den Sensor nicht getötet und er konnte den Strom den du draufgegeben hast irgendwie in Wärme umwandeln. Wenn du Pech hast ist das Potentiometer halt nun gegrillt.
















    Okay und nun zu deinem Problem:


    Wenn die Kontakte am Steuergerät korrodiert waren kann ich mir vorstellen, dass dort auch der Kabelbaum dort einiges abgekriegt hat, weil das ist ja nicht nur auf einer Seite verrostet und da die Stecker eigentlich abgedichtet sind kann ich mir fast nur vorstellen, dass die Feuchtigkeit durch Kapilarwirkung zum Steuergerät gewandert ist.
    D.h. man müsste den Stecker ggf. auspinnen und schauen, welche Kabel betroffen sind und diese dann ersetzen.


    Ich würde aber ganz ehrlich vorher mal mit Startpilot in die Ansaugbrücke gehen und schauen, ob der auf Startpilot läuft.
    Wenn nicht dann ist da irgendwas anderes mechanisch im Argen, z.B. Zahnriemen übergesprungen.
    Läuft er auf Startpilot, dann würde ich den Zulauf von der VEP mal abnehmen und mit nem Standard-Kraftstoffschlauch in nen Kanister frischen Diesel hängen. Weiß gerade nicht mehr welcher der Vor- und welcher der Rücklauf war... ich meine aber, dass der Rücklauf bei der VEP nicht über den Kraftstofffilter geht.
    So kannst du das ganze Thema K-Filter, alter Diesel usw. erstmal ausschließen.
    Die VEP saugt selber an, kann aber sein, dass du dafür ein bisschen orgeln musst.


    Das Problem ist, dass selbst die meisten Werkstätten für den 6K keinen Schaltplan mehr haben. Seat hat die Pläne nie digitalisiert... wenn du nen alteingesessenen Händler hast und der dort nichts weggeworfen hat kannst du ihn ja vielleicht mal fragen.


    Ich hab irgendwann tatsächlich mal was als PDF gehabt, aber das ist leider 10 Jahr her...

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  • Vielen Dank für deine Antwort. Dann checke ich mal die Kabel am Steuergerät.
    Hat jemand zufällig die Pin-Belegung des Kabelbaums? Nr 2, 26 und 68 sehen auffällig aus, mich würde interessieren was dadurch versorgt wird.


    Ist die Leistungssteigerung bei Commonrail Diesel Motoren nicht wesentlich einfacher, als bei Verteilereinspritzpumpen? Anders gefragt, ist die Leistungssteigerung via Software bei Motoren mit VEP überhaupt möglich? Die Einspritzung muss bei einer VEP doch mechanisch manipuliert werden, oder? Also angenommen ist verpasse dem Motor größere Düsen, muss ich dann nur das Steuergerät anpassen oder auch die VEP mechanisch verstellen?

  • Es geht schon ein bisschen was, letztendlich aber hauptsächlich auf Ladedruck-Seite.


    Dann sollte im gleichen Maße angepasst werden auf der Kraftstoffseite. Das können größere Düsen oder eine modifizierte VEP sein.
    Problem ist, dass du dort dich meist für eine Sache entscheiden musst:
    Entweder er rußt untenrum bestialisch und hat obenrum Dampf oder er läuft untenrum ok und obenrum geht dir der Diesel aus.


    Wir hatten hier mal einen, der sich auf die AFN-Motoren (110PS TDI) spezialisiert hatte und die Dinger mit haltbaren 150PS+ und einen mit 200+ PS fuhr... aber das ist auch schon wieder 8 Jahre her :/
    Hat damals bei den ersten European Seat Meetings in Bitburg noch zu einigen verwirrten Gesichtern auf der Viertel Meile geführt.
    Ich weiß das er damals mit 2 VEPs rumexperimentiert hat. Diese Technik wurde wohl im 24h Golf III eingesetzt. Hat er aber nie ans Laufen gebracht und das Projekt dann irgendwann leider aufgegeben.


    Beim CR hast du natürlich deutlich mehr Möglichkeiten das Ganze zu steuern, von simpel und eventuell Schädlich (Raildruck hochsetzen => Mehr Kraftstofffluss bei gleichen Öffnungszeiten) oder halt vernünftigen Softwareabstimmungen.



    Wenn du dort "mehr" Hilfe willst würde ich dir die Dieselschrauber Community empfehlen.
    Das war damals DIE Community wenns um alle Dieselthemen ging, ich kann dir leider nicht sagen, ob sie das nach wie vor noch ist und ob die alten Hasen noch da sind.
    Durch Facebook und Co sind leider viele Foren und viel Wissen gestorben.

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  • OK, danke.


    Verstehe ich richtig, dass die VEP den Einspritzzeitpunkt und Einspritzdauer steuert?


    Das heißt, wenn ich größere Düsen einsetze, ohne die VEP zu modifizieren, habe ich auf jeden Fall schon mal mehr Diesel. Wenn ich dann auf der anderen Seite den Ladedruck erhöhe, müsste das stimmig sein, Korrekt?

  • Ja müsste weitestgehen passen, wenn solange du dich im Rahmen bewegst.


    Hier gibts nen recht ausführlichen Beitrag dazu:
    https://community.dieselschrauber.org/viewtopic.php?t=4838




    nach (nicht nur) meinen Erfahrungen bringt schon der bloße Düsentausch von 205 auf 216er spürbar mehr Leistung.

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  • Das ist wirklich ein großartiger Thread, dem ich folgendes entnehme:


    1. Option: Den 10mm Kolben in der VEP auf 11 oder 12mm erhöhen, wodurch bei Seriendüsen ein höherer Einspritzdruck generiert und feiner zerstäubt wird.
    Eventuell könnte der Leerlauf durch diese Modifikation unruhig laufen oder stark hinten rausrußen.
    Die Belastung auf den Zahnriemen steigt bei dieser Option beträchtlich.


    2. Option: Die Düsen von 205 auf 216 vergrößern. Der Leistungszuwachs müsste hier ca denselben Effekt haben, wie bei Option #1.
    Hierbei senkt man jedoch den Einspritzdruck, wodurch eine schlechtere Zerstäubung stattfindet.
    Die Belastung auf den Zahnriemen sinkt in diesem Fall tendenziell.


    3. Option: Die Kombination der größeren Kolben und Düsen, wodurch der Grad der Zerstäubung, die Belastung auf den Zahnriemen und der Einspritzdruck insgesamt ungefähr so sein sollten, wie serienmäßig, man jedoch spürbar mehr Leistung hat.
    Diese Option sollte jedoch unbedingt mit weiteren Modifikationen kommen. Da die vergrößerte Menge an Diesel natürlich mehr Luft / Ladedruck braucht, sollte unbedingt ein größerer Lader montiert werden (zb T19). Mit diesem sollte man einen größeren Ladeluftkühler in Erwägung ziehen und ohne Anpassung der Software macht diese Vielzahl an Modifikationen sowieso recht wenig Sinn.


    Insgesamt ein sehr guter und informativer Beitrag. Vielen Dank für die Empfehlung!

  • Hi Zusammen,


    ich habe folgenden Versuchsaufbau gestartet, um zu sehen, ob die VEP Diesel fördert.


    - Dieselfilter ab
    - beide Leitungen mit einem durchsichtigen Schlauch in sauberen Diesel gehängt
    - nur die Rücklaufleitung zum Kraftstofftank hängt in der Luft.
    - Alle Überwurfmuttern der Einspritzdüsen gelöst, falls Luft im System ist.


    Er saugt so keinen Tropfen Diesel an. Funktioniert der Versuchsaufbau so?
    -> Spielt es eine Rolle, wenn die Unterdruckleitungen marode sind?
    -> Spielt es eine Rolle, wenn der Stecker des LMM (wegen des demontierten Luftfilterkastens) abgesteckt ist?
    -> Spielt es eine Rolle, wenn der Stecker des Temperaturfühlers (Kühlwasser) abgezogen ist?
    -> Ist die VEP mechanisch durch einen Riemen und elektrisch angetrieben oder nur elektrisch? Denn sie summt eigentlich meiner Meinung nach "ganz normal" wenn man den Zündschlüssel umdreht und orgelt.


    Dieselfilter.JPGüberwurfmutter.JPG